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14. Mai 2013
Kommentare: 4

Von Werbung auf Webseiten, Ad-Blockern und Micropayments

Kategorien: Allgemein | 14. Mai 2013 | Kommentare: 4

Dass Golem einen Mimimi-Post abgesetzt hat, mit dem sie dafür sorgen wollen, dass Benutzer ihre AdBlocker ausschalten, habt ihr vernommen, oder? Wenn Werbung weg, dann Geld weg, wenn Geld weg, dann kein Golem.

Es ist ein Thema, das ziemlich polarisiert. Da ich dazu auch ein paar Gedanken und hier eine passende Plattform habe, um diese loszuwerden, schreibe ich sie mal eben nieder und bin gespannt, was ihr dazu denkt.

Online-Werbung fehlt der Swag

Davon abgesehen, dass viele Newsseiten, gerade die Populären, meiner Meinung nach sowieso einiges an Optimierungspotential hätten – Schriftgröße, Zeilenlänge, Whitespace – nervt mich dort vor allem die Werbung. Mehrere rechteckige Flächen buhlen mit grellen Farben und auffälligen Animationen um meine Aufmerksamkeit. Die größtenteils Flash-basierten Ads im Header, in der Seitenleiste und auch immer mal wieder irgendwo mittendrin stellen sicher, dass ich ab und an doch noch merke, dass mein MacBook einen Lüfter hat.

Und sowieso klicke ich nicht auf Werbung. Nie. Keine Ahnung warum. Bannerblindheit? Vielleicht. Fehlende Relevanz? Spielt sicherlich mit rein. Manchmal will ich aber auch einfach nicht. Zu groß die Verachtung gegenüber diesem Blink-Wusch-Gedöns.

Aber wer klickt Werbung?

Ich dachte, dass ich einer von vielen bin. Ich fragte mich immer, wer überhaupt auf Werbebanner und Werbung auf Webseiten klickt. Irgendwer muss es ja tun, sonst würde es Google in der heutigen Form wohl nicht geben.

Erst einmal wären da natürlich die Leute, denen tatsächlich die Kinnlade herunterfällt, da sie der 888.888 Besucher sind und eine Chance auf einen kirschfarbenen Audi A6 haben. Wenig-Onliner quasi. Nachvollziehbar. Auf dem Rookie-Level muss man noch lernen, dass bestimmte Sachen im Internet so sind, wie sie sind.

Nach meiner Erfahrung klicken aber auch Blogger als Dauer-Onliner auf Werbung. Warum? Weil Blogger ihre Kollegen unterstützen. Jeder Klick auf einen Adsense-Banner bringt Minimalbeträge auf das Konto des Autors. Kleinvieh macht auch Mist.

Ich verstehe das, finde das auch irgendwie süß, aber das ist nix für mich. Ich schenke Links. Gern. Ich empfehle weiter. Ständig. Aber Dauerklicken auf Adsense-Banner? For Real? Es muss doch auch anders gehen.

Neben diese beiden Gruppen gibt es aber auch Leute vom Fach, die gut gemachte Werbung gern klicken. Wer selbst die Erstellung von Bannern betreut, hat ein ganz anderes Auge dafür und weiß die Spreu vom Weizen zu trennen. Gute Ergebnisse, wo auch immer sie zu finden sein mögen, werden dann auch schon mal geklickt.

Werbung wird also aus 2 Gründen geklickt: Anerkennung und Ahnungslosigkeit.

Und warum so aufdringlich?

Die meisten Werbeformen auf Webseiten werden per Klick abgerechnet. Viele Klicks = viele Euros. Viel geklickt wird aber nur, was viel gesehen wird. Dementsprechend müssen Banner prominent präsentiert werden. Und mit prominent meine ich aufdringlich.

Es gibt auch andere Modelle z.B. Bezahlung pro Einblendung. Nicht mehr der Klick ist ausschlaggebend, sondern lediglich das Anzeigen des Banners, also der Page View. Da der Webseitenbetreiber unabhängig von der Klickrate Geld kriegt, kann er theoretisch ein Layout realisieren, das Werbung weniger nervig einbindet.

Das Problem dabei: der Werbende zahlt auch für Besucher, die die Werbung unter Umständen nicht mal wahrgenommen haben. Und wer will das? Wer will für Einblendungen bezahlen, die keiner sieht? Wer bezahlt den Druck von 1.000 Flyern nur um 700 davon direkt in den Müll Altpapier-Container zu werfen?

Dementsprechend ist Pay-Per-Click in meinen Augen das gerechtere Modell. Und mal ganz ehrlich: die Werbenden wollen Aufmerksamkeit. Awareness generieren, Return Of Investment und blablabla. Denen ist doch scheiß egal, wie die Seite aussieht, auf der ihr Banner erscheint. Hauptsache die Werbung wird gesehen und geklickt.

Ihr argumentiert “Werbung stört das Design”? Gut! Ziel erreicht! Ein Störer lenkt im Werbejargon bewusst die Aufmerksamkeit auf sich. Diese Masche scheint also zu funktionieren. Und da passen kleine, fiese, werbeblockende Parasiten mal so gar nicht ins Konzept.

AdBlock sind also die Bösen?

Es fällt leicht den Entwicklern von Ad-Blockern die Schuld in die Schuhe zu schieben. Dabei haben sie nur auf ein Bedürfnis der Nutzer und vermutlich sogar sich selbst reagiert. Es ging ihnen nicht um das Ausblenden von Werbung, sondern die verbesserte Benutzererfahrung auf Webseiten. Hier Auszüge aus einem Statement der Macher selbst:

Die Online-Werbeindustrie ist […] zu einem großen Teil noch nicht innovationsfreundlich genug, um sich auf Alternativen zu blinkenden Bannern einzulassen. Der Grund ist, dass viele das Internet nicht verstanden haben und einfach das Konzept der TV-Werbung (maximale Aufmerksamkeit erzeugen) kopieren.

Wir sind uns vollkommen bewusst, dass Qualitätsjournalismus durch Werbung finanziert wird. Daher haben wir bereits im Jahr 2011 die Acceptable-Ads-Initiative ins Leben gerufen, um einen Kompromiss zwischen Internetnutzern und Verlagen zu finden. Werbung, die unaufdringlich gestaltet ist und von der Adblock Plus Community als „akzeptabel“ zertifiziert wurde, wird in den Standardeinstellungen des Werbeblockers nicht blockiert.

Wir rufen daher alle Websites, Verlage, Advertiser und Ad-Networks auf, sich dem Dialog zu stellen und Werbung nicht gegen, sondern für den Nutzer zu machen. Nur so können Menschen im Internet erreicht werden.

Dennoch konnten sie es nicht nehmen lassen, die Bitte-AdBlocker-deaktivieren-Hinweise selbst ebenfalls zu blocken 😀

Doch wo machen wir jetzt weiter? Weniger aufdringliche Werbung ist eine Lösung. Doch was, wenn ich gar keine Werbung will? Wenn ich nicht will, dass Webseiten auf Basis von Drittunternehmen-Interessen gestaltet werden? Wenn ich will, dass der Fokus auf mich, auf den Benutzer gelegt wird?

Lösung I: Micropayment

Flattr als Dienst für Kleinstzahlungen gab es hier im Blog schon mal, hat sich aber nicht gelohnt. Ironischerweise gab es hier vor 2 Monaten die erste Flattr-Zahlung ever – lange nachdem der entsprechende Button dazu entfernt wurde. Und mit der Erfahrung, dass Flattr Bloggern wenig bringt, sind wir nicht allein.

Anders ist das bei Podcastern. Auch wenn er die Rolle des Vorzeige-Flatterers ungern annimmt, weiß man dank Tim Pritlove: Flattr kann funktionieren. Doch wie kann das sein? Warum macht einer der bekanntesten deutschen Blogger 17€ (Siebzehn!), sein Podcast-Pendant aber 2.500€?

Ich habe da so meine Theorie

Newsseiten oder in diesem Fall Tech-Blogs bestehen aus vielen kürzeren Beiträgen. Es geht um Aktualität. Der Benutzer will informiert sein, wissen, was so abgeht. Kurze Pageviews, vielleicht mehrmals am Tag. Doch es sind weniger die Einzelbeiträge als vielmehr das große Ganze, weswegen der Leser Gefallen am jeweiligen Blog findet.

Bei Podcasts ist das anders, dort widmet sich der Hörer zwischen 30 und 300 Minuten lang dem, was eine Reihe anerkannter Personen zu einem Thema zu sagen haben. Radio On Demand. Die Intensität ist eine ganz andere, ebenso wie der Zeitaufwand. Themen werden mit vergleichsweise viel Tiefe behandelt, die Persönlichkeit der teilnehmenden Podcaster spielt eine große Rolle. Nicht, dass diese bei Tech-Bloggern außen vor bleibt. Aber in 60 Minuten Podcast bekommt man ganz andere Eindrücke als in einem 500-Wörter-Artikel.

Eine Podcast-Episode übertrifft einen Blogpost in der Regel sowohl quali- als auch quantitativ. So zumindest meine Erfahrung. Deswegen wird eine Episode auch viel eher geflattert.

Lösung II: Kulturflatrate

Doch was jetzt? Podcaster überleben, Tech-Blogger sterben aus? Quark. Mir gefällt das Konzept der Kulturflatrate sehr. Was das ist? Simpel gesagt: eine Pauschalabgabe. Damit sollen Ersteller digitaler Inhalte jeder Art – da draußen soll es ja angeblich noch mehr als Podcaster und Tech-Blogger geben – für ihr Schaffen entlohnt werden. Ohne, dass der Benutzer zusätzlich etwas bezahlen muss. Ein Kultur-Streaming-Dienst quasi, Spotify für Bits & Bytes aus dem Kreativbereich.

Ähnlich der GEZ wird damit natürlich nicht jedermann einverstanden sein – I’m looking at you, Offline-Welt – aber das Konzept gefällt mir trotzdem. Es bleibt spannend, wann bzw. ob etwas Derartiges es jemals auf den Plan der Politiker unseres Landes schafft. Doch bleiben wir beim Thema: Werbung.

Nachfrage – Angebot = Preis

Mal ein bisschen Wirtschaft: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Es besteht scheinbar gehörige Nachfrage nach Websites ohne Werbung in der aktuellen Form. Das Angebot in Form von Micropayments ist da. Doch seid ihr bereit den Preis dafür zu zahlen?

Als kleine Entscheidungshilfe: alternativ stehen euch natürlich nach wie vor Ad-Blocker zur Verfügung. Seid euch aber der Tatsache bewusst, dass der Content, den ihr konsumiert, vielleicht sogar gern konsumiert, in seiner jetzigen Form so nicht langfristig existieren kann.

Ich möchte mich damit nicht in die Schaar von Leuten einreihen, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, die Kostenloskultur im Netz zu verdammen. Im Gegensatz zur besagten Gattung Mensch habe ich kapiert, dass Benutzer nicht zwingend den günstigsten, sondern den schnellsten, den einfachsten Weg wählen, um an ihre Inhalte zu gelangen.

Auf der anderen Seite ist aber auch essenziell, dass die guten Inhalte, die Inhalte, die euch etwas wert sind, auch bezahlt werden. In welcher Form auch immer. Früher oder später werden sie sonst nicht mehr produziert.

Der Mensch ist ein geiziges Gewohnheitstier

Das Problem in der jetzigen Situation: der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wir haben uns an gewisse Umstände gewöhnt. An Niedrigstpreise für Software, an echte Flatrates, an kostenlose Artikel im Netz. Darum schreien wir auf, sobald eine App mehr als 0,79€ kostet. Darum schreien wir auf, wenn die Telekom wieder volumenbasierte Tarife einführen will. Darum schreien wir auf, wenn Golem aufschreit.

Wenn der Benutzer als Ziel der Texte nicht zahlen will, muss ich mein Geld irgendwo anders herkriegen. Und direkt nach der Geldwäsche, der Steuerhinterziehung und dem Wetten bei Hahnenkämpfen bleibt da nunmal nur die Werbung, die Böse.

Möge das Geld mit dir sein

Ihr seid die Benutzer, ihr seid die Zielgruppe. Vor allem habt ihr das Geld und damit die Macht. Nutzt diese Macht und steuert, in welche Richtung sich die produzierten Inhalte bewegen sollen. Bezahlt, was euch gefällt. Meldet euch bei Flattr an. Startet mit einem kleinen Betrag. Monatlich 2€ dürfte jeder für digitalen Content übrig haben.

Ermutigt Content-Anbieter einen Flattr-Button einzubauen. Sorgt dafür, dass sich Flattr-Buttons lohnen. Und tragt dieses Bewusstsein nach außen. Nur so können wir eines fernen Tages im Internet 17.0 ausschließlich guten Content genießen – werbefrei.

P.S.: seit heute gibt es auch bei senäh wieder einen Flattr-Button 😉

Autor: Enno

Ich bin Enno. PHP ist mein Ding, aber auch alles Neue rund um die Themen HTML5, CSS3 & Co finde ich interessant. Ich mag es Leuten zu helfen und mein Wissen weiterzugeben. Sollte dir mein Beitrag gefallen haben, lass doch nen Kommentar da oder benutze einen der Social Buttons, um deinen Dank auszudrücken ;)